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Wondratschek verweigert sich

Der erste Eindruck nach dem Interview mit Wondratschek ist der von großer Enttäuschung und Depression.

Das Verschwinden im Alter merkt wohl der ehemals Berühmte am schmerzlichsten. Die Verlage kaufen nicht mehr von Dir? Es liegt nicht an ihnen. Sie wissen schon gut, was die Leute interessiert.

Sie wollten mir keinen Zutritt in ihre Lounges gewähren, weil andere zahlungskräftiger per Publikum erschienen. Und auch im Netz liest mich so gut wie niemand außer Geheimdiensten und Pornopages. Mein Beifall entspricht dem unbeliebter Marktschreier.

Doch wenn ich singe, möchte ich singen, dann aber auch von Menschen gehört werden, und schließlich, daß wir alle zusammen singen. Wo ich ein Märchen erzählte oder ein Gedicht, möchte ich den und die "ich-noch-einmal" erleben, denen die Welt ebenso gefällt. Und ich singe doch keinen Monolog, sondern begeistere mich erst richtig, wenn die anderen Bandmitglieder ihren ebenso wichtigen Part übernehmen. Ich bin kein Star, ich will Menschen!

Das vergessen viele in der Enttäuschung und in der großen Enttäuschung Alter: Daß wir Menschen sind.

Von Wondratschek, der zu Recht den alternativen Literaturpreis bekommen hat, hatte ich aufgrund seiner Begeisterung, mit der er früher dem Leben gegenübertrat, angenommen, sein Blick sei weit. Jetzt höre ich, er veröffentliche nicht, weil sein Wert nicht richtig gewürdigt werde.

Was wird geschehen?

Ein Bucharchäologe wird einst eine zerfallene Schublade öffnen und in Begeisterung über einen verschollenen Roman des Schriftstellers ausbrechen. Vielleicht wird es einen Hype, vielleicht weiter nichts geben.

Und weiter?

Die Frage ist doch -nachdem wir nun wissen, wie wichtig es für dich ist- ist es auch anderen Wert? Wenn es wert sein könnte, warum erhältst du es ihnen vor? Ist Dir Dein Weihrauch wichtiger als ihre Freude?
Es scheint tatsächlich ein gewaltiges Desinteresse an meinen Texten zu geben. Aber der eine oder die andere freut sich doch darüber. Demgegenüber erscheint mir das Desinteresse uninteressant. Mein Narzißmus zählt auf Menschen. Vielleicht auf wenige, aber auf Menschen.

Wer nimmt die Rolle eines Schriftstellers an und weigert sich dann, etwas zu sagen? Ich möchte dann schon auch etwas von ihm lesen können.

Das Schicksal aller Ergebnisse unserer anstrengenden Freuden wird sein: "Die Mumie des Ramses verzollt als getrockneter Fisch"( Max Frisch im dritten Tagebuch). Keine schöne Aussicht. Wenn wir das Jetzt vergessen und das Geschenk, Leben gedurft zu haben.

Vergessen wir nicht, daß wir"nur" Menschen, vergänglich und mit einem Leben beschenkt sind!

Ein besonders depressiver Tänzer, der für seine Lebenslust berühmt wurde, lachte einmal: "Es menschelt!" Ihm übermenschelte.

Andere Alte sind sich und der Bedenklichkeit Mensch nah geblieben. Mir gefielen da Mankell und Max Frisch besonders. Wie schön, könnte ich Wolf Wondratschek an ihrer Seite lesen. Er ist doch kein Walser!



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